Anita Hahn
Fundstücke
StadtSpurenSuche: Sarajevo/Zürich
Ich suche nicht, ich finde.
Suchen, das ist das Ausgehen von alten Beständen.
und ein Finden-Wollen von bereits Bekanntem im Neuem.
Finden ist das völlig Neue.
(Pablo Picasso)
„Fundstücke“ nennt Anita Hahn ihre Frottagen, 36 Blätter, je 16 aus Sarajevo und Zürich; auf vier Blättern sind collageartig beide Städte zusammengefügt.
Kunst hat immer mit Berührung zu tun, in der Technik der Frottage ganz un- mittelbar und direkt. Das Papier wird auf das ausgewählte Objekt gelegt (etwa Gedenksteine, Grabplatten, Inschriften, Denkmäler) und die Struktur mit Grafit, Kreide oder Buntstift auf das Papier übertragen.
Etwas Behutsames, Stilles liegt in der Kunst der Frottage. Sie nimmt Spuren auf, ohne Spuren zu hinterlassen. Berührung ist ein gegenseitiger Vorgang, eine Handlung, bei der sich die Künstlerin in einen Austausch mit den Oberflä- chen einer Stadt begibt.
Anita Hahn geht durch Städte (in diesem Fall Sarajevo und Zürich), sucht, schaut, entdeckt, wird überrascht – der Augenblick des Findens. Sie spürt der Topografie einer Stadt nach, den persönlichen, kulturellen, historischen Er- eignissen, die sich in die Stadt eingeschrieben haben (topos, griechisch, „der Ort“, grafein, „schreiben“). Ihre Bilder sind Ausdruck der Art und Weise, wie die Künstlerin sieht, was sie wahrnimmt.
Auf Papier gebracht dominiert auf den ersten Blick die ästhetisch-ornamentale Oberfläche. Schriftbilder, in denen Ornament, Symbol, Zeichen, Buchstabe ineinanderfließen, bewegen sich entlang einer brüchigen Lesbarkeit. Eine Les- barkeit, die auf Tieferes verweist. Auf einen Raum zwischen Anwesenheit und Abwesenheit, zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem, zwischen Menschen und Ereignissen, zwischen Gegenwart und Vergangenheit.
Anita Hahn:
Geb. in Romanshorn (CH); Studium an der Kunstgewerbeschule St. Gallen, dem Royal College of Art Edinburgh und an der Universität für angewandte Kunst in Wien: Keramik und Produktdesign, Masterlehrgang „art&economy“; lebt und arbeitet in Laa/Thaya (A). Ausstellungsbeteiligungen seit 1980 in Österreich, der Schweiz, in Deutsch- and, Italien, Belgien, England und Irland.
CityTracesSearch: Sarajevo/Zurich
I don‘t search – I find.
Searching, this means starting out from old stock
and a desire to find from that which is already known within the new.
Finding, that is the absolutely new.
(Pablo Picasso)
“Findings” – that is what Anita Hahn calls her frottage work. There are 36 pieces altogether, 16 from Sarajevo and Zurich each, 4 sheets combine both cities in collages.
Art has always something to do with touching. In Frottage Art the contact is immediate and direct. Paper is put on the chosen objects (such as memorial stones or plates, inscriptions or other monuments) and their structure is trans- ferred to it with the help of graphite, chalk, or coloured pencils or crayon.
There is gentleness and silence in Frottage Art. It takes up tracks without leaving any traces. Touching is a mutual process, an action in which the artist communicates with the surface of a city.
Anita Hahn walks (strolls) through cities (in this case Sarajevo and Zurich), se- arching, observing, exploring, getting surprised – enjoying the moment of find- ing. She senses a city‘s topography, its personal, cultural and historical events that have engraved themselves on this city (topos, Greek for place; grafein for writing). Her pictures express the way how the artist sees what she perceives.
When on paper, the aesthetic-ornamental surface dominates at first sight. Scripts, in which ornament, symbol, type, letters and alphabet run into one another, moving along fragile lines of legibility. Legibility that points to some- thing deeper. At a place between presence and absence, between the visible and invisible, between people and events, obetween the present and the past.
Brigitta Höpler, Kunsthistorikerin/art historian
Born in Romanshorn (CH); studies: College of Applied Arts, St.Gallen (CH), Royal College of Art, Edinburgh (GB), University of Applied Arts, Vienna (A): Ceramics and Design, art&economy; lives in Laa/Thaya (A), numerous exhibi- tions since 1980 in Austria, Switzerland, Germany, Italy, Belgium, England und Ireland.
Wien-Zürich: Reisen mit allen Sinnen (2013)
Anita Hahn
www.anitahahn.com
Schattenbilder oder „hinter den Dingen“
Schatten, nur existent durch das Licht. Sie verschwinden mit der Dunkelheit,
bewegen sich zwischen An- und Abwesenheit. Die Umrisslinie bleibt diffus.
Momentaufnahmen werfen Schatten auf unverwechselbare wie verwechselbare
Details. Das Denkmal Hans Waldmanns, das Grossmünster, Schriftzüge bekannter
Zürcher Firmen auch in ihrer Reduktion zuordenbar, sind ebenso Gegenstand
der schemenhaften Abbildungen wie ein einfacher Zaun, das Geäst der Bäume
im Park, ein einsames Fahrrad, eine Häuserzeile, eine Reihe geparkter Autos.
Gegenstände reduziert auf ihre Schatten faszinieren durch das schemenhafte
sich je nach Tages- und Jahreszeit verändernde und dadurch geheimnisvolle
Erscheinungsbild. Schatten kommen und gehen leise, sind auch spürbar durch
den Wechsel der Temperatur.
Diesem Phänomen mit der Kamera nachzuspüren, die Ergebnisse einerseits mit
dem Computer zu bearbeiten und andererseits auch malerisch umzusetzen
faszinieren mich ebenso, wie das Spiel mit Schatten und Silhouetten.