Silvia Maria Grossmann
http://www.silvia-grossmann.at/
Fenster nach Zürich
„Fenster nach Zürich“ ist eine Bildkomposition, die mittels Digitaldruck auf
Netzvinyl gedruckt wird. Dieses Material, allgemein als Gerüstnetz bezeichnet,
wird vor ein Fenster im Ausstellungsraum am Sihlquai 55 gespannt.
Durch die Transparenz des Materials ist einerseits das aus Fotografien komponierte
Bild sichtbar, andererseits das bestehende Fenster mit seinen Unterteilungen,
und dahinter erahnt man die Stadtlandschaft im Freien, einen Innenhof im
Kreis 4.
Eine Inspiration für diese Installation sind die im orientalischen Raum üblichen
Mashrabiyas, mit Ornamenten durchbrochene Vorfenster. Sie sind meist aus
Holz angefertigt, lassen Licht und Luft herein. Ausblicke sind möglich, aber
keine Einblicke.
Die in transparenten Schichten aufgebaute Fotomontage entspricht den Schichten
einer Stadt – meiner Geburtsstadt – Vergangenes und Gegenwärtiges,
persönliche und kollektive Erinnerungen, einige meiner Bilder von Zürich.
„Fenster nach Zürich“ zeigt im unteren Drittel eine Aufnahme des nächtlichen
Zürcher Hauptbahnhofs, die ich vom Zug aus fotografierte. Ein anderer Zug
verlässt gerade den Bahnhof – vielleicht Richtung Wien. Durch die Unschärfe der
Fotografie ist das Bild durchzogen von verwischten orange-gelben Lichtern und
Spiegelungen aus dem Zuginneren. Pulsierendes Leben, Reisen, Transporte und
Mobilität.
Darüber ein Fries aus zusammengesetzten Bildern – Familienfotos und Bildmaterial
aus den Medien – welche das seltene Naturschauspiel der „Seegfrörni“
1963 beschreiben. Die Bilder sind so zusammengesetzt, dass die eisüberzogene
Wasserfläche zu einem durchgehenden Horizont führt. Auf der Fläche tummeln
und vergnügen sich statt Schiffen und Booten Menschen. Ein Über-das-Wasser-
Gehen.
Damals war der „Zürisee“ vollständig zugefroren. Als fünfeinhalbjähriges
Mädchen unternahm ich mit Mama und Omama einen Ausflug aufs Eis – ich
empfand damals schon, dass dieses Ereignis etwas Besonderes war. Vielleicht
ahnte mein Unbewusstes, dass sich unter der teilweise transparenten Eisfläche
eine andere Welt verbarg. Unser Spaziergang ging vom Hafen Enge aus, dem ältesten Hafen von Zürich. Seine
Ausfahrt wird von einem mächtigen Löwen, dem Wappentier der Stadt Zürich,
überwacht.
Den Hauptteil des Bildes bilden auffliegende Tauben und Möwen über dem Horizont
des Sees.
Silvia Maria Grossmann: Geboren1957 in Zürich. Lebt und arbeitet seit 1985
in Wien. Studierte nach dem Sekundarlehrer-Studium mit Schwerpunkt Sprachen
an der Schule für Gestaltung in Zürich Werkerziehung. Studium der Bildhauerei
an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Prof. Franz X. Ölzant. Von 1996
bis 2011 leitete sie in Wien die Galerie Atrium ed Arte. Seit 1988 zahlreiche
Ausstellungen in Europa, Japan und China. Stipendien in New York City, Ningbo,
China und auf Elba, Italien.