Yves Schumacher
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Halali im Wiener Zentralfriedhof

Er nannte sich Justin Maximilian Graf von Waldstein. Für uns war er nur
der Maxl. Er hauste in einem Gemeindebau unweit vom Karl-Marx-Hof und
lebte von der Nothilfe der Wiener Caritas. Mein Stiefvater meinte, dass
Cousin Maxl nicht ganz hasenrein sei, weil er den Adelstitel widerrechtlich
führe. Erstens seien Adelstitel gemäss dem Adelsaufhebungsgesetz und der
Durchführungsverordnung von 1919 verboten und zweitens sei Maxl bloss
ein Ziehsohn und kein Adoptivsohn der Familie.
Maxl lud uns alljährlich zum Martinimahl ein. Zu meinem Bedauern wartete
er aber statt mit dem obligaten Martinigansl zumeist mit einem faden
bis degoutanten Hasenpfeffer auf. Auf der mit Schweinsblut eingedickten
Sauce schwammen Fettaugen, die Knödel waren tatschig und der Blaukohl
schmeckte nach saurer Ziegenmilch. Dazu kredenzte er jeweils einen billigen
Uhudler aus dem Burgenland. …

Yves Schumacher: Geboren 1946. War viele Jahre Geschäftsführer des Vereins
Zürcher Museen. Er wirkt als Ausstellungsmacher, publiziert regelmäßig in
Schweizer Fachzeitschriften und ist Verfasser kulturhistorischer Bücher. Familiäre
Bande ziehen ihn immer wieder nach Wien.